Materialkunde
Die Grundierung wird in der Regel verwendet, um die Metall-Elemente der Schienenfahrzeugkonstruktion vor Korrosion zu schützen. Diese bestehen entweder aus Stahl oder Aluminium und werden vor der Grundierung entsprechend vorbehandelt. Bei Oberflächen aus GFK ist kein Korrosionsschutz notwendig, allerdings verbessern hier entsprechende Grundierungen die Haftung der nachfolgenden Lackschichten zum Untergrund oder die Brandschutzeigenschaften des eingesetzten GFK/Lacksystems.
Ursprünglich wurde auf allen Metalluntergründen eine lösemittelhaltige 1K Alkydharz-Grundierung eingesetzt. Mit dem Aufkommen von 2K Beschichtungsmaterialien stellte sich dieser als ungeeignet heraus und wurde von 2K EP Grundierungen flächendeckend ersetzt. Nur im Bereich der preiswerten Güterwaggonbeschichtung wird die 1K Alkydharz-Grundierung noch eingesetzt.
Die 2K EP Grundierungen können entweder wasserverdünnbar oder lösemittelhaltig sein und können sowohl auf Stahl- als auch Aluminiumuntergründen eingesetzt werden. Sie zeichnen sich durch deutlich bessere Schutzeigenschaften gegenüber 1K Alkydharz-Grundierungen aus. Sie sind derzeit Stand der Technik und sollten standardmäßig eingesetzt werden.
Falls ein Beschichtungssystem mit entsprechender Staatsbahn-Zulassung eingesetzt werden sollte, dann ist die Verwendung von entsprechend eingefärbten Grundierungen zwingend:
- Die Deutsche Bahn verwendet wasserverdünnbare 2K EP Grundierungen (nach DBS 918 300 Blatt 2) in der Regel im Farbton zwischen RAL 1015 bis RAL 1011. Meist ist es RAL 1015 hellelfenbein. Die lösemittelhaltige 2K EP Grundierung ist (nach DBS 918 300 Blatt 3) grundsätzlich in RAL 3012 beigerot eingefärbt.
- Die SNCF verwendet in der Regel Grundierungen die grün (vert) eingefärbt sind.
Spachtelmassen werden verwendet, um die Unebenheiten einer Oberfläche auszugleichen. Sie werden bei der Beschichtung von Reisezugwagen, Triebzügen und Lokomotiven eingesetzt. Die Applikation erfolgt in der Regel auf einer 2K EP Grundierung. Anschließend wird die ausgehärtete Spachtelschicht geschliffen, um eine glatte Oberfläche zu erreichen. Nach dem Schleifen und anschließendem Reinigen der Oberfläche wird diese mit der Zwischengrundierung oder dem Basisgrund beschichtet. Darauf erfolgt dann die Lackierung mit Decklack oder Basis- und Klarlack.
Je nach Tiefe der Unebenheiten werden eine oder mehrere Spachtelschichten mit einer Zwischentrocknung aufgebracht. In der Regel sollte nicht mehr als 1000 µm (1 mm) pro Schicht aufgetragen werden.
In der Schienenfahrzeugindustrie werden unterschiedliche Spachteltypen verwendet:
Ziehspachtel werden bei großflächigen Spachtelarbeiten verwendet. Deren Aufgabe ist, großflächige Unebenheiten, wie sie beispielsweise häufig auf den Seitenwänden zu finden sind, auszugleichen, in dem man größere Mengen an Spachtel aufbringt und diese mit Hilfe entsprechender Hilfsmittel glatt zieht.
Es gibt in diesem Bereich zwei unterschiedliche Varianten der Spachtel: 1. Spachtel auf Basis ungesättigter flüssiger Polyesterharze oder 2. auf Epoxidharzbasis.
Die Spachtel auf Epoxidharzbasis zeichnen sich durch sehr langsames Aushärten aus. So gespachtelte Fahrzeuge werden, um den Aushärtungsprozess zu beschleunigen, einer Aushärtung bei höherer Temperatur (40 bis 60°C) unterzogen. Der technologische Vorteil dieser Spachtelart ist eine höhere Elastizität als bei den Spachteln auf Polyesterharzbasis. Der Nachteil – eine sehr lange Aushärtungszeit bis sie schleifbar sind.
Die Spachtel auf Basis von ungesättigten Polyesterharzen werden sehr häufig eingesetzt. Deren Vorteil ist die schnelle Aushärtung bei Raumtemperatur und dadurch auch kürzere Zeiten bis die gespachtelte Oberfläche schleifbar ist. Der Nachteil besteht in der schlechteren Elastizität, die bei sehr hohen Schichtendicken während des Fahrbetriebes zu Rissbrüchen in der Fahrzeugbeschichtung führen kann.
In der Praxis gibt es für beide Arten der Spachtel Befürworter.
Fleckspachtel werden für das Ausfüllen kleinerer Unebenheiten und Löcher verwendet, die bei Instandsetzungsarbeiten oder nach dem großflächigen Schleifen von Oberflächen, die mit Ziehspachteln gespachtelt wurden, sichtbar werden. Da die Ziehspachtel eine recht hohe Viskosität haben, wird beim Mischen mit Härter auch Luft in die Mischung eingetragen. Diese verursacht dann kleine Löcher in der gespachtelten Oberfläche, die nach dem Schleifen sichtbar werden. Um diese zu schließen, wird Fleckspachtel verwendet. Die Fleckspachtel haben in der Regel eine deutlich kürzere Aushärtungszeit als Ziehspachtel, da sie deutlich reaktiver eingestellt sind. Die Fleckspachtel, die in der Schienenfahrzeugindustrie eingesetzt werden, sind auf Basis von ungesättigten Polyesterharzen.
Aluminium-Spachtel sind eine Variante der Fleckspachtel, die für das Ausgleichen von sehr tiefen Unebenheiten, wie sie z.B. im Bereich der Schweißnähte auftreten, verwendet werden. Sie basieren auf ungesättigten Polyesterharzen und enthalten spezielle Füllstoffe, die eine hohe Elastizität und Beständigkeit auch bei hohen Schichtdicken ermöglichen.
Spachtel und Brandschutz nach EN 45 545-2
Für die meisten Beschichtungssysteme für Reisezugwagen, Triebzüge und Loks gilt, dass sie die Anforderungen für die jeweilige Betriebsart nach EN 45-545 Teil. 1 und 2 erfüllen müssen. Falls großflächig gespachtelt wird, zählt auch der Spachtel zum Beschichtungsaufbau und muss mit dem gesamten Beschichtungssystem geprüft werden. Da alle Spachtel in der Regel negativen Einfluss auf das Brandverhalten haben, ist die Spezifizierung der zu prüfenden maximalen Schichtdicken sehr wichtig.
In der Praxis wird die maximale durchschnittliche Schichtdicke des Spachtels ermittelt, in dem ein Mittelwert aus der aufgetragenen Spachtelmasse und der gespachtelten Oberfläche gebildet und daraus die durchschnittliche Spachtelschichtdicke errechnet wird. Dabei auftretende Spitzenwerte bei den einzelnen Messungen werden ignoriert.
In der Regel werden auch spezielle brandschutzmodifizierte Spachtel ab 500 µm kritisch. Deshalb ist es wichtig, in Hinsicht auf die EN 45-545 die Spachtelarbeiten zu minimieren.
Auch wenn dies offensichtlich ist, sollte man nur die Mengen an Spachtel mit Härter mischen, die man in sehr kurzer Zeit (innerhalb der Potzeit) verarbeiten kann.
Da die Polyesterspachtel Styrol enthalten, ist es aus Arbeitsschutzgründen wichtig, darauf zu achten, möglichst styrolreduzierte Produkte zu verwenden und für sehr gute Belüftung während der Arbeiten und der Aushärtung zu sorgen.
Bei dem Einsatz von wasserverdünnbaren Zwischengrundierungen ist darauf zu achten, dass die eingesetzten Spachtel auch für wasserverdünnbare Lacke geeignet sind. (Das sind nicht unbedingt alle Produkte!). Billige Polyesterspachtel enthalten häufig sehr große Anteile an Calciumcarbonat, der das Wasser aus der aufgetragenen wasserverdünnbaren Zwischengrundierung aufnimmt und dadurch verhindert, dass sie ordnungsgemäß aushärtet.
Die Zwischengrundierung wird in der Regel bei Beschichten von Reisezugwagen, Triebzügen, Lokomotiven und Straßenbahnen eingesetzt. Die Aufgabe einer Zwischengrundierung ist das Erschaffen einer einheitlichen Oberfläche, nach dem der Fahrzeugkasten grundiert und eventuelle Oberflächenunebenheiten mit Spachtel ausgeglichen wurden. Dadurch entsteht eine homogen eingefärbte Oberfläche, die als Untergrund für die anschließende Lackierung mit Decklack oder Basis-/Klarlack dient. Um eine sehr glatte Lackierung zu erreichen, wird die eingesetzte Zwischengrundierung glattgeschliffen.
Als typische Zwischengrundierung wird eine 2K PUR Grundierung verwendet. Vereinzelt werden noch 2K EP Zwischengrundierungen verwendet. Eine Zwischengrundierung kann wasserverdünnbar oder lösemittelhaltig sein. Bei der Lackierung von Schienenfahrzeugen eingesetzten Zwischengrundierungen zeichnen sich durch schnelle Trocknung, gute Schleifbarkeit und Fülle aus. Häufig enthalten sie keine zusätzlichen Korrosionsschutzpigmente. Deshalb sind sie nicht geeignet für die Beschichtung von blanken Metalloberflächen.
Neben den typischen Zwischengrundierungen gibt es spezielle Zwischengrundierungen, die über zusätzliche Brandschutzeigenschaften verfügen. Diese werden häufig für die Beschichtung von GFK Oberflächen eingesetzt, um die notwendige Brandschutzeinstufung nach EN 45-545-2 im Gesamtaufbau GFK/Beschichtungssystem zu erreichen.
In der Instandsetzung und bei Auffrischung der Lackierung wird in der Regel eine wasserverdünnbare 2K PUR Zwischengrundierung eingesetzt. Sie bietet den Vorteil guter Haftung auf angeschliffenen Altlackierungen und vermeidet, dass Altlacke von möglicherweise in der Zwischengrundierung enthaltenen Lösemitteln angelöst wird. Nach ausreichender Trocknung kann dann die wasserverdünnbare Zwischengrundierung entweder mit wasserverdünnbaren oder lösemittelhaltigen Decklacken sowie Basis-/Klarlack Systemen beschichtet werden.
Die Norm der Deutschen Bahn, DBS 918 300 spezifiziert RAL 1002, sandgelb, als Standardfarbton für die Grundierung (siehe Blatt 33, 34 und 39).
Falls der Farbton der Zwischengrundierung frei gewählt werden kann, dann empfehlen wir einen hellen, möglichst neutralen Farbton wie z.B. hellgrau, lichtgrau (RAL 7035), weiss oder sandgelb (RAL 1002). Der Farbton sollte sich gut von der darunterliegenden Grundierung unterscheiden und genügend Deckkraft haben, um eine einheitlich farbige Oberfläche zu bilden.
Bei sehr schlecht deckenden Farbtönen wie gelb oder orange kann die Verwendung einer Zwischengrundierung im gleichen Farbton für das Erreichen einer homogen eingefärbten Decklackoberfläche sehr hilfreich sein und helfen, Kosten zu sparen.
Je nach Einsatzzweck werden in der Schienenfahrzeugindustrie unterschiedliche Arten von Decklacken verwendet. Die gebräuchlichsten sind:
- lösemittelhaltige 1K Alkydharz Decklacke
- lösemittelhaltige 1K Alkydharz Einschichtlacke
- wasserverdünnbare 1K Acrylatdispersionen (ESL und WUS)
- wasserverdünnbare oder lösemittelhaltige 2K PUR Decklacke
- wasserverdünnbare oder lösemittelhaltige 2K EP DS Beschichtungen
- lösemittelhaltige 2K EP Decklacke
Die lösemittelhaltigen 1K Alkydharz Decklacke und Einschichtlacke wurden früher für fast alle Schienenfahrzeugarten verwendet. Durch die steigenden Anforderungen wurden sie im Bereich der Reisezugwagen, Triebzüge und Lokomotiven von hochwertigen 2K PUR Decklacken verdrängt. Sie werden heute nur noch für sehr preiswerte und anspruchslose Beschichtungen von einfachen Güterwagen eingesetzt.
Die wasserverdünnabren 1K Acrylatdispersionen werden für die Beschichtung von Güterwagen, die nur geringen korrosiven und chemischen Belastung ausgesetzt sind, verwendet. Sie wurden als umweltfreundliche Alternative zu den lösemitelhaltigen 1K Alkydharzlacken eingeführt. Sie zeichnen sich durch höhere Schichtdicken, die in einem Arbeitsschritt erreicht werden können, schnelle Trocknung und guten Korrosionsschutz aus. Viele der im Bahnbereich eingesetzten Produkte können auch als Einschichtlacke verwendet werden, wie z.B. wasserverdünnbare 1K Acrylatdispersionen, die die Produktqualifikation der Deutschen Bahn nach DBS 918 300 Blatt 8 haben.
Steigende Anforderungen an Korrosionsschutz, mechanische und chemische Beständigkeit für die Beschichtung von Güterwagen erfordern den Einsatz von 2K Produkten. Aus diesem Grund werden entweder 2K EP DS Beschichtungen (DS = Dickschicht) oder 2K PUR Decklacke eingesetzt. Ob EP- oder PUR-Produkte eingesetzt werden, hängt häufig von den dekorativen Anforderungen ab. Je höher sie sind, desto eher werden die 2K PUR Decklacke eingesetzt (wie z.B. bei der Beschichtung des Kessels eines Tankwaggons)
Für die Beschichtung von Loks, Reisezugwagen und Triebzüge werden grundsätzlich 2K PUR Decklacke verwendet. Seit einiger Zeit werden diese immer häufiger von Basis/Klarlack-Systemen ersetzt, da diese besseren Antigraffiti-Schutz bieten.
Steigende Anforderungen bezüglich besseren Antigraffiti-Schutzes, Verkürzung der Lackierzeiten bei mehreren Farbtönen auf dem Fahrzeug und der Wunsch nach höherer Beständigkeit gegenüber Witterungseinflüsse haben dazu geführt, dass der typische 2K PUR Decklack durch ein System aus Basislack und Klarlack ersetzt wurde. Das betriff vorwiegend die Beschichtung des Fahrzeugkastens von Reisezugwagen, Triebzügen und zum Teil auch Loks.
Die eingesetzten Basislacke sind typischerweise 2K PUR Basislacke. Sie zeichnen sich durch sehr schnelle Trocknung und gute Deckkraft aus. Dadurch lassen sie sich sehr schnell abkleben und maskieren, damit der nächste Farbton als Basislack aufgebracht werden kann. Bei mehr als zwei unterschiedlichen Farbtönen auf dem Fahrzeugkasten bietet der Basislack deutliche Zeitersparnis gegenüber dem Einsatz vergleichbarer Decklacke.
Nach dem der Kasten mit Basislacken beschichtet wurde, wird die gesamte Oberfläche mit Klarlack überlackiert. Durch den Klarlack werden die gewünschten, dekorativen Eigenschaften, die Beständigkeit gegenüber Witterungseinflüssen sowie der Antigraffiti-Schutz erzeugt. Die Klarlacke sind grundsätzlich als 2K PUR Klarlacke ausgeführt.
Sowohl die Basislacke als auch die Klarlacke sind in einer wasserverdünnbaren als auch lösemittelhaltigen Version erhältlich.
Kleine Lackierfehler im Basislack können häufig durch anschleifen beseitigt werden, ohne dass diese Stelle erneut mit Basislack lackiert werden muss. Diese Stellen sind bei der anschließenden Beschichtung mit Klarlack unsichtbar. (Bitte vorher den Lackhersteller befragen)
Die Antigraffiti-Eigenschaft der Klarlacke, die sich für die Beschichtung von Schienenfahrzeugen eignen, wird durch eine sehr gute chemische Beständigkeit erzeugt, die den Einsatz sehr aggressiver Reinigungsmittel für die Entfernung der Graffitis erlaubt.
Solche Antigraffiti-Klarlacke, die versuchen, für Graffitis eine sehr schlechte Haftung auf der Oberfläche zu erzeugen, sind für den Antigraffitischutz bei Schienenfahrzeugen ungeeignet. Klassischerweise handelt es sich hier um Produkte auf Silikonharzbasis, wie sie in der Bautenindustrie für Antigraffitischutz gebräuchlich sind. Der Einsatz von Silikonadditiven führt jedoch zur Kontaminierung der Lackierkabine und zu starken Lackfehlern (Krater) in den nachfolgenden Lackierprozessen. Die Lackierkabine muss anschließend gründlich saniert werden, was sehr aufwendig und kostenintensiv ist.
Zusätzliche, negative Nebeneffekt: die eingesetzten Beschriftungsaufkleber und Werbefolien haben ebenfalls sehr schlechte Haftung auf derartigen Oberflächen und können sehr leicht entfernt werden.